Die Rattenschwanzlarve ist die Larve einer wunderbaren Schwebefliege, der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege Eristalis tenax. Durch den manchmal etwas anrüchigen Lebensraum im brackigen Wasser der Larve wird sie auch Mistbiene genannt. Diese schöne Scheinbiene hat diesen unschönen Namen eigentlich nicht verdient.
Inhaltsverzeichnis
Was schwimmt da in der Regentonne …?
Wer in der Regentonne merkwürdige Tierchen entdeckt, findet hier vielleicht die Antwort: Die Rattenschwanzlarve – etwas gruselig, aber faszinierend und völlig harmlos.
Rattenschwanzlarven in Aktion
Dieses kurze Video mit Originalaufnahmen aus dem Naturgarten zeigt mehrere Larven der Mistbiene (Eristalis tenax) in einer Regentonne. Gut erkennbar: Atemrohr und Hautanhängsel – die erstaunliche Anpassung an sauerstoffarme Lebensräume.
Mit leiser Tonspur: Gartengeräusche im Hintergrund.
Die Wasserlarve im Lebensraum Naturgarten
In Regenwassertonnen im Garten sammeln sich häufig herabgefallene Blätter und Früchte. Wenn sie länger nicht geleert werden, entspricht dies genau dem Lebensraum der Rattenschwanzlarve, der Larve der Mistbiene: leicht fauliges, sauerstoffarmes Wasser mit sich zersetzenden Pflanzenteilen und reich an Mikroorganismen. Sie filtern Bakterien und faulende Pflanzenteile aus dem Wasser und tragen damit auch zur Klärung von Abwässern bei. Aufgrund ihrer Biotopansprüche finden sich die skurrilen Tierchen auch in Sickergruben und an Tümpelrändern. Ich habe dieses gleichermaßen kuriose wie auffällige Lebewesen in meiner Wassertonne unter dem Zwetschgenbaum entdeckt.
Charakteristisch ist das lange Atemrohr mit gefiederten Wimpern, das teleskopartig auf eine Länge von bis zu 4 cm ausgefahren werden kann: Die Rattenschwanzlarve schnorchelt! Die Larven selber werden bis zu 20 mm groß.
Von der Larve zur Schwebefliege

Faszinierend ist auch die Schwebefliege, die sich aus der Rattenschwanzlave entwickelt. Sie ist einer Biene sehr ähnlich, daher der Name Mistbiene. Der Körper in dunkelbraun trägt eine Warntracht mit zwei großen, braun/orangefarbenen Flecken an den Seiten des Hinterleibes. Sie soll Angreifern wie Vögeln signalisieren: Vorsicht, ich bin wehrhaft und kann stechen! Was natürlich nur Mimikry ist – neudeutsch Fake: Schwebefliegen können nicht stechen.
Am Ende des Sommers fliegt sie in der Regel über die Alpen nach Süden, um sich dort zu vermehren. Die dort geschlüpfte Generation wandert wieder über die Alpen zurück – mit rund 25 km pro Stunde! In den nun üblichen milden Wintern wandert die Mistbiene nicht und überwintert diesseits der Alpen und startet hier in eine neue Generation.
Wie gehe ich mit diesen Larven im Garten um
Eine Bekämpfung im Garten der – zugegeben nicht sehr appetitlichen Rattenschwanzlaven – ist nicht notwendig. Schließlich werden nur ein paar hübsche Schwebefliegen daraus, die friedlich an den Blüten von Korbblütlern und Doldenblütlern Nektar saugen.
Wenn man diese Tiere nicht im Garten haben will, muss man lediglich darauf achten, Regentonnen nicht unter Bäumen mit Laubfall zustellen und diese auch regelmäßig zu leeren. Oder man besorgt sich Regenwassertonnen mit Deckel.
Wo die Rattenschwanzlarve auftritt, sind Stechmückenlarven nicht weit. Auch hier hilft eine Tonne mit Deckel. Wenn es aber schon zu spät ist, schafft der Einsatz von BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) schnell und sicher Abhilfe. Wichtig dabei: das sehr enge Wirkungsspektrum von BTI ist weder für die Rattenschwanzlaven noch für andere Wasserbewohner wie Wasserkäfer schädlich.
Rattenschwanzlarven und Myiasis – was hat es damit auf sich?
Immer wieder taucht die Frage auf, ob Rattenschwanzlarven auch für Menschen gefährlich sein könnten. In seltenen medizinischen Berichten ist von sogenannten Myiasis-Fällen die Rede – Infektionen, bei denen sich Fliegenlarven im menschlichen Körper entwickeln. Auch wenn ich kein Mediziner bin: Aus biologischer und parasitologischer Sicht gibt es unter unseren hygienischen Bedingungen Entwarnung.
Dazu müssten die Larven allerdings erst einmal in den Körper gelangen, etwa durch das Trinken von stark verunreinigtem Wasser oder durch kontaminierte Nahrung. Es gibt jedoch erhebliche Zweifel, ob Rattenschwanzlarven im menschlichen Verdauungstrakt überhaupt überleben können (siehe dazu auch Wikipedia)
In extrem seltenen Fällen wurde auch das Konzept einer rektalen Myiasis beschrieben: Fliegen legen dabei ihre Eier oder Larven in der Nähe des Afters ab, und die Larven dringen dann in den Mastdarm ein – solange ihr Atemsiphon Kontakt zur Außenluft hat. Solche Szenarien sind fast ausschließlich aus tropischen Regionen mit schlechten hygienischen Bedingungen bekannt.
Für Mitteleuropa gilt daher: Eine gesundheitliche Gefahr durch Rattenschwanzlarven besteht praktisch nicht.
Für den Garten ist das Gießen mit Wasser, in dem sich Rattenschwanzlarven befinden, unbedenklich und kann sogar zur Nährstoffzufuhr beitragen. Nur bei der Nutzung als Trinkwasser oder für Tiere sollte dieses Wasser nicht verwendet werden – wobei ohnehin niemand ernsthaft auf die Idee käme, aus einer solchen Brühe trinken zu wollen.
Im Garten sind die Larven der Mistbiene und anderer Schwebfliegen sogar nützlich – denn sie helfen beim Abbau organischer Substanz in Regentonnen, Jauche oder Kompostwasser. Wer ihnen dort begegnet, muss sich nicht sorgen, sondern kann sich über ein faszinierendes kleines Lebewesen freuen.



Ich habe gelesen, die Larve könne (auch für den Menschen) Krankheiten wie Myasis verursachen.
Stimmt das?
Danke für deine interessante Nachfrage!
Ja, man liest vereinzelt von solchen Fällen. Aber auch wenn ich kein Mediziner bin: Aus biologischer Sicht gibt es für die Nutzung als Gießwasser unter unseren hygienischen Bedingungen Entwarnung.
Ich habe die Frage zum Anlass genommen, in meinem Blogartikel zur Rattenschwanzlarve genauer darauf einzugehen – dort findest du eine ausführliche Einschätzung zur Myiasis-Frage.
Komm gut durch die Hitze,
Johann
Hallo!
Frage: ist die Wirkung der Tabletten auf die Mückenlarven beschränkt? Oder gehen die Eristalis tenax ebenfalls ein?
Freundliche Grüsse
Dieter
Hallo,
nein, die Wirkung von BTI ist auf die Mücken begrenzt, die Rattenschwanzlarven schlängeln sich munter weiter!
beste Grüße
Johann
Danke, für die tolle Zusammenfassung!
Hallo! Ich habe noch (November) eine einsame Rattenschwanzlarve in meinem kleinen Gartenbrunnen. Leider ist das Wasser so wenig, dass es später sicher durchfrieren wird. Was kann ich für sie tun, dass sie den Winter überlebt? Schlüpft sie vorher noch? Auf jeden Fall ist sie jetzt schon weniger lebhaft wie noch vor ein paar Tagen. Sie schwamm vorher noch viel herum, nun versteckt sie sich hauptsächlich in den Pflanzenresten am Boden. Soll ich sie herausholen mit dem Schlamm und in einem Gefäß im Haus aufbewahren?
Danke für mögliche Antworten!
Oh, ich wuenschte ich hätte das vorher gewusst:-( Jetzt habe ich sie mit so einer Stechmückenfreitablette ins Jenseits befördert. Meine Jauchetonne ist so schon eklig und ich bin fast vom Hocker gefallen als ich die Larven habe da rum schwimmen sehen. Ich gieße damit meine Tomaten und fand den Gedanken die in der Grießkanne zu haben sehr unerbaulich:-/ Ich dachte das werden ganz dicke Mistfliegen, die mich auf mein Kompostklo verfolgen und dann auf meinem Teller sitzen wollen. Ach diese Vorurteile! Danke für die Aufklärung und danke für deinen Besuch auf meiner Seite:-)
lg Sas